Azimuth

 

Serie von jeweis 2 Platten aus Messing (21,5 x 8 cm) und Eisen (7 x 7 cm)

Intervention, ehemaliges Kartographisches Institut, Wien, 2010 - laufend

 

Beim Haupttor des Kartographischen Instituts befinden sich 2 Metalltafeln, die auf die Funktion des Gebäudes hinweisen: Eine Höhenmarke und darüber die Inschrift »200.272 Meter über dem Adriatischen Meere«. Diese Angaben beziehen sich auf den mittlerern Pegelstand der Adria am Molo Sartorio von Triest im Jahre 1875.

 

Das Gebäude, als zweites Gebäude des Militärkartographischen Instituts der K.u.k. Monarchie errichtet, diente dem Zweck »die für die Armee nöthigen Karten herzustellen. Hiezu ist erforderlich: die geodätische Vermessung, die Mappierung, die Zeichnung und Evidenthaltung der Karten, endlich die Reproduction und Vervielfältigung derselben.«

 

An der politischen Dimension des präzisen Festschreibens der geografischen und politischen Struktur der Erde in Form von Grenzziehung und Nationalstaatenbildung knüpfen wir mit unserem Projekt »Azimuth« an.

 

In der Kartografie bezeichnet Azimut (arabisch: as-sumut – die Wege) den im Uhrzeigersinn gemessenen Winkel zwischen dem geografischen Norden und einer beliebigen Richtung auf der Erde.

 

Jedes Jahr sterben tausende Menschen beim Versuch bestehende Grenzdefinitionen - vor allem von Süden nach Norden - zu überqueren. Auch bei der Migration in die Europäische Union. Seit 1993 dokumentiert die Organisation »UNITED« (»European network against nationalism, racism, fascism and in support of migrants and refugees« mit Sitz in Amsterdam, NL) 13824 Flüchtlinge, die in Zusammenhang mit der Militarisierung der Grenzen, durch Asylgesetze, in Flüchtlingslagern, Schubhaft und Abschiebungen usw. zu Tode kamen.

 

Meist bleiben die Toten unidentifiziert, der exakte Todeszeitpunkt unklar und die Orte des Todes im Ungefähren.

 

Formal nehmen wir dafür die Form der zwei Eingangsplaketten auf. Statt der exakten Standortbestimmug wurden die nicht exakten Daten der Toten eingraviert. Anstatt des genauen Höhenmeßpunktes wurde eine ungefähre Schätzung des Azimut angebracht.