Tinte auf Aquarellpapier, 2010/2011
Serie von 10 Frottagen, 10,5cm x 15,5cm
Die Serie »Ohne Titel I-X« übersetzt historische Graffitis, die wir in der Festungsanlage Theresienstadt/Terezín in Tschechien vorgefunden haben, in Zeichnung.
Die Namenszüge und Jahreszahlen, die in die Mauern der Festung eingeritzt und eingeschrieben sind, verweisen auf anonyme Zeitzeug_innen verschiedener Zeitabschnitte, die die Stadt im Laufe der Geschichte durchlebt hat (Monarchie der Habsburger, Tschechoslowakei, Nationalsozialismus, Kommunismus, Tschechische Republik).
Kurzinfo zur Geschichte von Theresienstadt/Terezín
Theresienstadt wurde während der Regierungszeit Kaiser Josephs II. ab 1780 als Garnisonstadt erbaut. Benannt wurde sie nach Maria Theresia, der Mutter von Joseph II. Sie sollte die nordwestlichen Zugänge Böhmens gegenüber militärischen Angriffen aus Preußen schützen.
1882 erfolgte der Erlass über die Aufhebung des Festungsstatus der Stadt. In der Stadt verblieb eine kleine Garnison, für die elf Kasernen zur Verfügung standen. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde Terezín, wie Theresienstadt nun offiziell hieß, Garnisonsstadt für die neue tschechoslowakische Armee.
Im Juni 1940 begannen die Nazis aus Theresienstadt ein Konzentrationslager zu machen. In der »Kleinen Festung« richteten sie ein Gefängnis der Gestapo ein, in dem tschechische Oppositionelle, Mitglieder des Widerstandes gegen die Besatzung und Kriegsgefangene eingesperrt wurden.
Im November 1941 entstand das »Ghetto Theresienstadt« - ein Sammel- und Durchgangslager zunächst vor allem für die jüdische Bevölkerung Böhmens und Mährens. Nach der Wannseekonferenz wurden seit 1942 auch alte oder als prominent geltende Juden und Jüdinnen aus Deutschland und anderen besetzten europäischen Ländern in das Lager deportiert. In der NS-Propaganda im Deutschen Reich wurde Theresienstadt zum »Altersghetto« verklärt und während einer kurzen Phase als angebliche »jüdische Mustersiedlung« verschiedenen ausländischen BesucherInnen vorgeführt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Tschechoslowakische Republik (ČSR) wiederhergestellt und in der »Kleinen Festung« das tschechische »Internierungslager der Kleinen Festung Theresienstadt« eingerichtet. In diesem Lager wurden bis 1948 Personen inhaftiert, die aus der Tschechoslowakei vertrieben werden sollten, zumeist deutschsprachige TschechInnen.
Ab Juni 1946 kehrten die ersten tschechischen BewohnerInnen nach Theresienstadt/Terezín zurück.
Ab 1948 übernahmen die KommunistInnen die Macht. Durch die Verfassung von 1960 wurde die ČSR in Tschechoslowakische Sozialistische Republik (ČSSR) umbenannt und der kommunistische Führungsanspruch festgeschrieben. In der offiziellen Ideologie der ČSSR wurde über 40 Jahre das von den Nationalsozialisten okkupierte Theresienstadt hauptsächlich mit der »Kleinen Festung« in Verbindung gebracht, wo das Gestapogefängnis untergebracht war. Bewahrt wurde praktisch nur das Andenken an die kommunistischen Häftlinge. Die Tatsache, dass in der benachtbarten Stadt Terezín (Theresienstadt) während des 2. Weltkrieges ein »Judenghetto« bestand, wurde nur beiläufig erwähnt.
Mit der Errichtung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik (ČSFR von 1990 bis 1992) und ab 1992 mit der Tschechischen Republik veränderte sich auch die Arbeit der Gedenkstätte.
Heute leben etwa 3000 EinwohnerInnen in Terezín. Einige Gebäude der Stadt und die »Kleine Festung« bilden die »Gedenkstätte Theresienstadt«.